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Vorratsdatenspeicherung: Update

29. Dezember 2007

Kürzlich hat Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz zur Einführung der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung unterschrieben und somit den Weg freigemacht zur planmäßigen Einführung dieses Maßnahmenpakets. Das bedeutet, dass Telefongespräche ab dem 1. Januar registriert werden (also gespeichert wird, wer wen anruft und wie lange ein Gespräch dauert; bei Mobiltelefonen auch die „Zelle“ in der man sich dabei aufhält) während im Falle der Internetnutzung noch Übergangsfristen gelten.

Köhlers Zustimmung kommt kaum überraschend. Der Mann ist nicht nur zu konservativ, um derartige Maßnahmen im Alleingang stoppen zu wollen, sondern auch durch sein Amt nicht gerade für derartige Aktionen prädestiniert. Vom Bundespräsidenten wird eher Repräsentation erwartet als heftiger Widerspruch gegen ein schon fast beschlossenes Gesetz- eine Rolle, die Herrn Köhler bisher recht gut zu passen schien. So war eigentlich nichts anderes zu erwarten als genau die Unterschrift, die nun auch unter dem Dokument gelandet ist. Auch den Datenschützern, die an den Bundespräsidenten appellierten, das Gesetz doch noch zu stoppen, wird das klar gewesen sein; wird eher an der Symbolwirkung einer solchen Aktion gelegen gewesen sein als der Annahme, wirklich Erfolg zu haben. Möglicherweise allerdings hat der eine oder andere noch auf ein Wunder gehofft- ein Wunder, das nun aber nicht eingetreten ist. Es wäre weltfremd, davon allzu enttäuscht zu sein.

Weit bessere Erfolgsaussichten bietet der juristische oder genauer gesagt verfassungsrechtliche Weg. Das Beschreiten desselben wurde von Datenschützern bereits monatelang geplant. Der Anwalt Meinhard Starostik bereitete bereits eine Klageschrift für das Bundesverfassungsgericht vor und jeder Deutsche hatte die Möglichkeit, sich an dieser Verfassungsbeschwerde zu beteiligen. Unter Federführung des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung wurde so etwas organisiert, das deutlich macht, dass viele Menschen in diesem Land ein Problem mit den geplanten Maßnahmen, dem teilweisen Verlust ihrer Privatsphäre und der damit einhergehenden pauschalen Verdächtigung haben- und nicht nur das. Durch die Beteiligung an der Verfassungsbeschwerde zeigen diese Menschen, dass sie an den Rechtsstaat glauben, dass sie keine staatsfeindlichen Chaoten sind, sondern lediglich besorgte Bürger, die nicht auf Kampf aus sind, sondern die Korrektur einer destruktiven und potentiell gefährlichen Politik anstreben- Demokraten, kritische Staatsbürger, die die Möglichkeiten nutzen, die unser Rechtsstaat ihnen zur Beteiligung bietet.

Dies ist eine Aktion, auf die alle Beteiligten, egal, wie es letzten Endes ausgeht, durchaus stolz sein können. Umso mehr, als sich, wie heise online unter Berufung auf die Süddeutsche Zeitung berichtet, mindestens 70.000 Menschen online registriert haben und bereits über 25.000 Vollmachten bereits erfasst sind- Zahlen, die deutlich machen, dass Datenschutz nicht nur eine winzige Minderheit interessiert. Es könnten auch durchaus noch einige Vollmachten hinzukommen, da, wie Ralf Bendrath auf Netzpolitik berichtet, “ die Anwaltskanzlei und die Berliner HelferInnen des AK Vorrat derzeit mit dem Zählen und Erfassen der Vollmachten kaum hinterherkommen“. Er rechnet mit mindestens 30.000 Vollmachten.

Unabhängig von den genauen Zahlen wird diese Verfassungsbeschwerde noch für einiges Aufsehen sorgen- soviel steht bereits fest. Im Bundesverfassungsgericht gibt es bereits Diskussionen um die Zuständigkeit, was nach meiner Ansicht zeigt, dass dem Thema durchaus einige Bedeutung beigemessen wird. Das allerdings ist nicht sehr überraschend, geht es doch hier immerhin um ein Gesetz mit erheblichen Auswirkungen auf das tägliche Leben aller Bundesbürger, gegen das geklagt wird. Würde dieses Gesetz kassiert, würde das unsere Regierung in einem ziemlich schlechten Licht dastehen lassen. Das ist noch Zukunftsmusik, aber lange wird es nun, da das Gesetz beschlossen ist, nicht mehr dauern, bis es mit der Klage ernst wird. Eins steht fest- das kommende Jahr 2008 wird für Datenschützer, aber auch für unsere Regierung höchst aufregend.

One Comment leave one →
  1. 2. März 2010 2:46 pm

    Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wurde vom Bundesverfassungsgericht gekippt und alle gesammelten Daten müssen umgehend gelöscht werden.

    BVG kippt Vorratsdatenspeicherung!

    Gruß

    AMUNO

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