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Freiheit statt Angst in Düsseldorf

1. Juni 2008

Heute (31.05.2008 ) fand der vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung initiierte und von zahlreichen Datenschutzorganisationen mit organisierte dezentrale Aktionstag unter dem (mittlerweile schon traditionellen) Motto „Freiheit statt Angst“ statt.

Blick auf die InfostaendeEinige Mitglieder von FiS hatten beschlossen, sich diesmal in Düsseldorf an der Aktion zu beteiligen. Bereits im Voraus fiel (trotz einiger kleinerer Orga-Pannen) vor allem das harmonische und konstruktive Miteinander der beteiligten Organisationen auf (es waren der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der Chaos Computer Club, Freiheit ist Sicherheit, mehrere Parteien sowie Gastredner von anderen Organisationen beteiligt).

Der Samstag glänzte leider von vorne herein durch eher schlechtes Wetter, mit dunklen Wolken, Wind und teilweise strömendem Regen bei nicht sehr warmen Temperaturen. Dementsprechend trauten sich leider auch nicht allzu viele Interessenten zu unserer Kundgebung und die wenigen wurden zwischendurch durch sintflutartige Schauer auch teilweise wieder vertrieben. Trotz allem aber ergaben sich zahlreiche gute und ausführliche Gespräche mit den Anwesenden. Auch einige Medienvertreter waren vor Ort, beispielsweise nahm das ZDF mehrere Interviews für die Sendung „Frontal 21“ auf.

Die beteiligten Informationen waren mit (teilweise sehr aufwendig gestalteten) Infoständen vor Ort. Dort wurden Info-Materialien und Flyer zur Vorratsdatenspeicherung, zur Videoüberwachung, zum Datenschutz allgemein und zum BKA-Gesetz sowie die obligatorischen Aufkleber und Werbematerialien verteilt. Ein Fokus lag bei dieser Veranstaltung auf technischen Themen wie dem anonymen Telefonieren und Surfen trotz Vorratsdatenspeicherung (es wurden Live-CDs mit Anonymisierungsprogrammen und Privacy-Tools und anonyme SIM-Karten verteilt) und der Verschlüsselung von Emails, für die ein Howto verteilt und zu der Fragen beantwortet wurden.

Neben den Info-Ständen gab es Reden der beteiligten Organisationen und einiger Gastredner zuMeine Rede (zum BKA-Gesetz) verschiedenen Datenschutz-Themen. Auch diese waren eher „fachlich bis technisch“ und beschäftigten sich größtenteils mit konkreten Vorfällen oder Überwachungsmaßnahmen. Ich selbst hielt eine Rede zum neuen BKA-Gesetz mit seinen Maßnahmen wie Online-Durchsuchung, großer Spähangriff und allgemein erweiterten Befugnissen des BKA.

Die zweite Rede hielt Dr. Michael Stehmann (Anwalt und Fellow der Free Software Foundation Europe) zum Telekom-Skandal. Nach einer kurzen Einführung zu den Hintergründen ging er ein auf eine Analyse von Peter Schaar zum Thema, den er mit den Worten zitierte „unglaubliche Datenmengen wecken Begehrlichkeiten.“ „Das ist ein Schluss, den würde ich so unterschreiben,“ so Michael in seiner Rede. Er belegte dies Anhand einiger Beispiele zur missbräuchlichen Verwendung von Daten, die teilweise erhebliche Nachteile für die Betroffenen mit sich brachte. Er betonte noch einmal die von vielen unterschätzte Relevanz der gesammelten Verbindungsdaten, aus denen sich bereits recht umfangreiche Schlüsse über persönliche Neigungen, Interessen und das soziale Netz ziehen lassen.

Die vom Bund deutscher Kriminalbeamter vorgeschlagene zentrale Speicherung von Verbindungsdaten kommentierte Michael mit den Worten: „Die Diagnose ist völlig richtig, die Therapie ist schlecht.“ Eine europäische Zentralsammlung wäre erst recht „nicht mehr wirklich kontrollierbar.“ Danach ging er noch auf die allgemeine Problematik von Macht beziehungsweise umfassenden Befugnissen ein, betonte das damit einhergehende Missbrauchspotential und die Notwendigkeit von Kontrolle und Einflussnahme durch die Gesellschaft. Maßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung seien „starker Ausdruck einer ganz fundamentalen Paranoia unserer Sicherheitskräfte und unserer Politiker und Amtsträger.“

Ebenfalls einer der Redner war Frank Guthausen, Mitglied im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und im Chaos Computer Club sowie einer der Demo-Organisatoren. Er sprach unter anderem zur Vorratsdatenspeicherung und zu allgemeinen Datenschutzthemen und machte immer wieder auf die gravierenden Missstände in diesem Bereich aufmerksam.

Ebenfalls wieder mit von der Partie war die Freie Ärzteschaft mit ihrem Vertreter Dr. W. Dietrich, der sich recht ausführlich und informativ zur elektronischen Gesundheitskarte äußerte. Er beklagte unter anderem die mangelnde Einbeziehung der Bürger bei diesem Vorhaben, die er als „einer demokratischen Gesellschaft unwürdig“ bezeichnete. Es werde ein „riesiger Datenberg zur medizinischen Überwachung von Patienten“ angelegt. Dr. Dietrich rief auf zu zivilem Ungehorsam, nämlich dazu, sich der Überwachung durch weitere Verwendung der alten Karte (indem man kein Foto für die Ecard einschickt) zu entziehen und sprach noch eine nachdrückliche und mit zahlreichen Beispielen illustrierte Warnung vor missbräuchlicher Verwendung der gespeicherten Daten (vor allem durch Arbeitgeber) aus.

Trotz des durch heftigen Wind und strömenden Regen bedingten vorzeitigen Endes (auch aus Rücksicht auf die zum Einsatz kommende Technik) kann diese Veranstaltungen meiner Meinung nach als Erfolg gewertet werden, da sich, auch durch die Einbeziehung vieler verschiedener Themen, Herangehensweisen und Organisationen, sehr gute Gespräche mit den Anwesenden ergaben und auch ein recht erfreuliches Medienecho erzielt werden konnte. Trotzdem sind für die nächsten Veranstaltungen dieser Art natürlich besseres Wetter und eine etwas größere Zahl von Interessenten wünschenswert.

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