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Deutschland und USA- Fröhlicher Datentausch

28. April 2008

Im Rahmen der Terrorismusbekämpfung tauscht Deutschland bereits in vielen Bereichen Daten mit den USA aus, zu nennen sind hier insbesondere die Fluggastdaten und in einigen Fällen auch Paketdaten. Nun gibt es, wie die Nachrichtenargentur AFP meldet, offenbar Pläne für ein weiteres Abkommen, das einen umfangreichen Datenaustausch zwischen Deutschland und den USA vorsieht.

Das von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) sowie dem amerikanischen Minister für Heimatschutz, Michael Chertoff, und Justizminister Michael Mukasey paraphierte Werk soll den Datenaustausch zwischen den Ermittlern beider Länder regeln, unter anderem auch die Weitergabe von DNA-Profilen Verdächtiger, heißt es bei Spiegel Online über dieses Abkommen. Konkret soll laut der AFP-Meldung ein gegenseitiger Online-Zugriff auf Polizeidaten nach dem Vorbild des europäischen Prüm-Vertrages realisiert werden.

Hier gilt zunächst einmal alles, was sich allgemein über das Sammeln und Austauschen großer personenbezogener Datenmengen sagen lässt. Die Datenbanken als solche gegen unautorisierte Zugriffe abzusichern dürfte schwer genug sein- ein akzeptables Sicherheitsniveau für einen „gegenseitigen Online-Zugriff“ zu realisieren ist eine weitere nicht zu unterschätzende Herausforderung, bei der ein einziger Fehler unter ungünstigen Umständen ausreichen kann, um eine beachtliche Menge persönlicher Daten zu kompromittieren. Wer sich mit der Materie beschäftigt, weiß, dass der Programmierer, der ein komplexes Programm vollkommen fehlerfrei schreiben kann, erst noch geboren werden muss, ebenso wie der IT-Security-Experte, der später beim Absichern des Systems absolut jeden Angriffsvektor voraussieht und absichert.

Fernab der rein technischen Dimension gibt es aber auch eine beunruhigende politische. Die USA sind im Rahmen der Terrorismusbekämpfung seit den Anschlägen des 11. September (für die sie die sachlich falsche, aber einen guten Einblick in die Geisteshaltung der Verantwortlichen bietende Bezeichung „War on Terror“ prägten) immer wieder durch Einschränkung persönlicher Freiheiten, Aufhebung oder Relativierung von Bürgerrechten, eine hierzulande glücklicherweise noch undenkbare Häufung von Überwachungsmaßnahmen und in einigen Fällen sogar Menschenrechtsverstöße aufgefallen. Immerhin ist hier die Rede von einem Land, in dem Ermittlungsbehörden sogar die umfangreichen Überwachungsbefugnisse des Patriot Act noch durch Vorspiegelung falscher Tatsachen ausweiteten, das Gefangene in jahrelang ohne Prozess in einem Lager sitzen lässt und sich bis heute nicht dazu durchringen konnte, Foltermethoden wie Waterboarding ganz abzuschaffen. Können wir es wirklich verantworten, mit einem solchen Land umfangreichen Datenaustausch zu betreiben? Können wir wirklich davon ausgehen, dass gerade die USA das ihnen in die Hände gelegte Wissen, das immer und besonders in Fällen wie diesem auch Macht bedeutet, verantwortlich einsetzen? Wer diese Fragen nicht sicher mit „ja“ beantworten kann, dürfte einem solchen Abkommen niemals zustimmen. Trotzdem ist dies hier geschehen. Wieder einmal fühle ich mich von unserer aktuellen Regierung mehr als schlecht repräsentiert.

Dies gilt in besonderem Maße, als auch Daten ausgetauscht werden sollen, die von ihrer Natur her Missbrauch geradezu herausfordern. Personenbezogene Daten, aus denen die Rasse oder ethnische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse oder sonstige Überzeugungen oder die Mitgliedschaft in Gewerkschaften hervorgeht oder die die Gesundheit und das Sexualleben betreffen, dürfen nur zur Verfügung gestellt werden, wenn sie für die Zwecke dieses Abkommens besonders relevant sind, lautet die entsprechende Passage des Abkommens- was im Umkehrschluss bedeutet, dass auch solche Daten ausgetauscht werden können, wenn der Kontrollierende (wer auch immer das dann sein wird) ihnen eine ausreichende Relevanz beimisst. Man braucht wenig Phantasie, um sich vorzustellen, welchen Schaden gerade Daten dieser Art in den falschen Händen anrichten können- vorsichtig ausgedrückt beunruhigend, wenn man nicht weiß, ob die Hände des transatlantischen Bündnispartners wirklich die richtigen sind. Und wer sich jetzt trösten will mit der Aussage, dass es sich hier ja nur um Polizeidaten und damit um die Daten von Verbrechern handelt, der sei daran erinnert, dass durchaus auch schon Menschen unschuldig oder wegen geringer Vergehen in solchen Datensammlungen gelandet sind. Von der Tatsache, dass auch Kriminelle Menschen mit bestimmten Rechten sind, die unseren Schutz verdienen, ganz zu schweigen.

Wieder einmal zeigt sich, wie wichtig es gerade angesichts der extrem schnell wachsenden technischen Möglichkeiten wäre, sinnvolle gesetzliche Einschränkungen durchzusetzen- basierend auf den Rechten und Grundwerten unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft. Leider zeigt auch das vorliegende Beispiel wieder, dass allzu oft Gedankenlosigkeit, internationale Politräson oder blinder Sicherheitsaktionismus das Handeln unserer Regierung diktieren.

2 Kommentare leave one →
  1. r2d232po permalink
    1. Mai 2008 12:57 pm

    Die Entwicklungen in Deutschland zum Überwachungsstaat sind dramatisch aber letztendlich spielen solche Gesetze keine Rolle mehr, denn es gibt bekannte Fälle in denn derartige Behörden sich einfach über geltendes Recht hinwegsetzen und man den Betroffenen mittels Rechtsbeugung dann noch daran hindert, dass er mit juristischen Mitteln dagegen vorgeht. Die Seite http://www.redaktionsbuero-ebert.de versucht im Moment so einen Fall aufzudecken was aber auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, denn auch dieser Fall ist sicherlich nur einer von vielen.

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  1. links for 2008-04-28 | Florian Altherr

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