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VDS-Studie bleibt unter Verschluss

20. Dezember 2007

Eine bereits im Sommer erstellte Studie zur „Abfrage von Verbindungsdaten“ bzw. die dazugehörige „Rechtswirklichkeit“ wird trotz einer vorliegenden Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (voerst) nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dies berichtet unter anderem heise online. Begründet wird diese Entscheidung von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries damit, die Studie befände sich noch im Entwurfsstadium und sollte daher keinen Einfluss auf derzeit aktuelle Verwaltungsvorgänge haben. Ein Termin für die Publikation der freigegebenen Endfassung sei derzeit noch nicht ersichtlich, heißt es von offizieller Seite. Brisanz gewinnt diese Studie durch ihren Inhalt, der offenbar der VDS keine positiven Auswirkungen auf die Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung bescheinigt. Die Studie kommt zu dem Schluss „dass die verdachtsunabhängige halbjährige Aufzeichnung der Nutzerspuren im Wesentlichen überflüssig ist.“ Bereits heute haben im Falle einer Abfrage von Verbindungsdaten 98% dieser Bemühungen auch Erfolg. Mit der weitergehenden Speicherung dieser Daten könnte also maximal eine Verbesserung um die restlichen 2% erreicht werden- rechtfertigt das den finanziellen und technischen Aufwand und vor allem den Eingriff in unseren Rechtsstaat; die pauschale Verdächtigung aller Bundesbürger?

Hier steht offenbar der mögliche Nutzen der geplanten Maßnahmen in einem krassen Missverhältnis zu den „Risiken und Nebenwirkungen“- man darf getrost den Begriff „Aktionismus“ in den Mund nehmen. Es steht zu vermuten, dass es der großen Koalition sehr gelegen kommt, diese Studie für’s Erste nicht der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wer möchte schon ein Dokument im Umlauf wissen, das die eigenen Maßnahmen derartig ad absurdum führt?

Selbst wenn es gute Gründe dafür geben sollte, diese Studie nicht zu veröffentlichen (was möglich, aber alles andere als sicher ist) ist es besorgniserregend, dass nicht wenigstens die Verantwortlichen sie etwas gründlicher in ihre Planungen einfließen lassen. Hier geht es um unsere Grundrechte; die Grundrechte jedes einzelnen Bundesbürgers- sollen wir wirklich ein weiteres Stück unserer Privatsphäre, ein weiteres Stück unserer individuellen Rechte gegenüber dem Staat aufgeben für eine Maßnahme, an deren Effektivität derart heftige und offenbar begründete Zweifel bestehen? Sollen wir uns alle präventiv wie Verbrecher behandeln lassen für die bloße Möglichkeit einer 2% höheren Aufklärungsquote? Natürlich muss der Staat für die Sicherheit seiner Bürger sorgen und in manchen Fällen wird das auch deren individuelle Freiheiten einschränken- das ist unvermeidlich. Aber kein Rechtsstaat sollte von seinen Bürgern verlangen, auf einen Teil ihrer Grundrechte zu verzichten- für eine derart ineffektive Maßnahme schon gar nicht. Hier wird keine wirkliche Sicherheit, sondern nur Unfreiheit erzielt, die unser Leben auf Dauer bestimmt nicht sicherer macht.

Es ist traurig, dass unsere derzeitige Regierung es nicht schafft, selbst das rechte Maß bei der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung zu wahren und die effktiven von den ineffektiven, die zumutbaren von den unzumutbaren Maßnahmen zu unterscheiden. Bleibt zu hoffen, dass genau das dem Bundesverfassungsgericht demnächst gelingt. Die Vorbereitungen für die Massen-Verfassungsbeschwerde jedenfalls laufen derzeit auf Hochtouren.

Links zum Thema:
ULD Schleswig-Holstein zum Thema
Zusammenfassung der Studie, offiziell nur für Abgeordnete 😉
Vollmacht für die Teilnahme an der Verfassungsbeschwerde

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